Donnerstag, 24. Oktober 2013

Hemdas Shilpakar

Bei einem unserer Spaziergänge durch die verwinkelte Altstadt von Patan, durch ihre engen Gassen (siehe Patan-Tour) und vorbei an den vielen kleinen Läden, dampfenden und duftenden Imbissbuden, Schneidern, Kupferschmieden, Zweiradwerkstätten entdecken wir drei  die kleine Werkstatt eines Drechslers.
 





Die ganze Tour galt eigentlich der Suche nach einem solchen, da wir noch kleine Spielfiguren für einen workshop benötigen, in dem wir mit Mitarbeitern des Ankur Counseling Center das Spiel ¨Spitz pass auf¨ herstellen wollen. Aufmerksam werden wir durch die schöne blaue Farbe der Türverkleidung und die daran ausgehängten, kunstvoll gedrechselten Holzteile. Wir müssen uns bücken, betreten den winzigen Verkaufsraum. Der freundliche Besitzer Hemdas Shilpakar bittet uns, auf den niedrigen und ebenfalls winzigen Hockerchen Platz zu nehmen. Im Gespräch versuchen wir dann, ihm unser Anliegen zu erläutern. Als Albert dann noch einen Plan zeichnet, ist alles klar. 


Nach dem Dashain-Fest können wir die fertigen Spielfigürchen abholen. Während wir uns verabschieden hat auch seine Frau mit dem noch sehr jungen Söhnchen auf dem Arm den  Raum betreten. Beide sind sehr neugierig: Was passiert hier?  


Gestern nachmittag haben Albert und ich Zeit und Gelegenheit, die gedrechselten Figürchen abzuholen. Vorher haben wir das bürokratische Hindernis und Abenteuer hinter uns gebracht, permits für die Annapurna-Region zu besorgen. Dorthin wollen wir am Samstag für 10 Tage fahren. Zielsicher finden wir den Laden wieder, aber der Besitzer ist nicht da. Seine Frau telefoniert nach ihrem Mann, der einige Minuten später mit seinem Motorrad voller Holzteile ankommt. In der Zwischenzeit machen wir zwei etwas smalltalk mit der Nachbarin, deren Bruder nebenan ebenfalls eine kleine Holzwerkstatt betreibt. Wir hören das Klopfen und Hämmern. Herr Shilpakar bringt uns nun die Tüte mit den Figürchen; er hatte dann doch etwas Schwierigkeiten mit dem Plan und ein Loch nicht gebohrt. Aber das ist nicht so schlimm, denn vor einigen Tagen haben wir eine wunderschöne rote Bohrmaschine aus China gekauft. Und auch die entsprechenden Bohrer. Aber das ist wiederum eine andere Geschichte. 


Wir kommen mit Herrn Shilpakar ins Gespräch. Er berichtet uns, dass er mit 15/16 Jahren begonnen hat, bei seinem älteren Bruder das Handwerk des Drechslers, Holzschnitzers und auch Schreiners zu erlernen. In dieser Zeit hat er dann auch seine Schulausbildung abgeschlossen. Er arbeitete dann einige Jahre in der Werkstatt seines Bruders, bevor er sich selbstständig machte. Hier, in diesen Räumlichkeiten. In den Stockwerken darüber wohnt er mit seiner Familie und, wie wir annehmen, den Schwiegereltern.  Seine Frau heißt Sangita, der neunjährige Sohn heißt Nhuja, der kleine Nhupa ist gerade 18 Monate jung. Für ihn hat Anne einen kleinen Spielzeugteddy mitgegeben, den Nhupa dann auch gar nicht hergeben will.


Herr Shilpakar hat schon des öfteren Lehrlinge aus Nepal ausgebildet, die nach ihrer Lehre sich dann ebenfalls selbstständig gemacht haben. Ganz stolz berichtet er, dass z.Zt. eine Frau aus den USA seit 2 Monaten das Drechseln und Holzschnitzen bei ihm lernt, einen Monat bleibt sie noch. Sie wohnt gegenüber, leider ist sie gerade nicht da. Nach seinen Arbeitszeiten befragt, berichtet er, dass er zwischen 8-12 Stunden täglich arbeitet; meistens in seiner kleinen Werkstatt, manchmal aber auch außerhalb. 



Das Holz, das er verarbeitet, kommt aus dem Terai, der fruchtbaren Tiefebene Nepals an der Grenze zu Indien. Die hauptsächlich verwendeten Arten sind (auf Nepali) sisum, haldu und sal. Ich google später und finde heraus, dass sisum eine Art Rosenholz ist. Haldu ist ein leicht gelbliches Hartholz. Die bekannteste Holzart ist Sal vom Salbaum, der bis zu 35m hoch wächst und einen Stammdurchmesser von bis zu 2m erreicht. Das Holz ist reich an Harz, dadurch sehr langlebig, aber auch sehr hart. Zum Abschluß des Gesprächs mache ich noch ein paar Bilder in der winzigen Werkstatt und ein Familienbild vor dem Verkaufsraum. Ein interessante Begegnung. Albert und ich sprechen noch lange darüber, unter welchen Bedingungen diese Familie lebt und mit welchem Werkzeug Herr Shilpakar arbeitet. Für uns unvorstellbar. 




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